
14.03.2017
Dr. Holger Müller Preis 2016 an Charité-Wissenschaftler für wegweisende Erfolge in der Erforschung frühkindlicher Adipositas
Für jüngste Erfolge in der Erforschung der Ursachen genetisch bedingter Fettleibigkeit sowie neuer Therapieansätze erhielt Dr. Peter Kühnen vom Institut für experimentelle pädiatrische Endokrinologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin den Dr. Holger Müller Preis 2016. In einer feierlichen Zeremonie wurde der mit 5.000 Euro dotierte Preis am 14. März 2017 um 19 Uhr im Alten Rathaus in Esslingen verliehen. Die Schirmherrschaft hatte Dr. Günter Baumann, Vorsitzender des Beirats der Firmengruppe Eberspächer, inne.
Eine Forschergruppe an der Charité – Universitätsmedizin Berlin hat grundlegende Erkenntnisse bei der Entstehung und Behandlung frühkindlicher Fettleibigkeit gewonnen. Das Team um Dr. Peter Kühnen konnte zeigen, dass dem Melanocortin-4-Rezeptor (MC4R) eine fundamentale Rolle in der Appetitregulation zukommt. Eine seltene Mutation im MC4R-Gen kann dazu führen, dass Kinder aufgrund eines nur gering ausgeprägten Sättigungsgefühls eine Adipositas (Fettleibigkeit) entwickeln. Diese Erkenntnis hatte direkte Auswirkungen auf eine personalisierte Therapie: Die Autoren haben in einer „off-label“-Studie Setmelanotide, ein neues Medikament, welches den Melanocortin-Rezeptor und damit das Sättigungszentrum im Gehirn aktiviert, eingesetzt.
In dieser Pilotstudie konnten zwei adipöse Patientinnen mit einer Mutation des MC4R-Gens erfolgreich behandelt werden. Beide Patientinnen zeigten eine Normalisierung des Hungergefühls und eine deutliche Gewichtsreduktion – die Arbeit zeigt damit auf, wie sich ein Wissen um die molekularen Krankheitsursachen direkt auf eine mögliche Therapie auswirken kann.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) versterben jährlich 2 Millionen Menschen an den direkten Folgen einer Adipositas. Auch wenn nur in seltenen Fällen genetische Mutationen ursächlich für die Entwicklung frühkindlicher Adipositas sind, so liefern die Ergebnisse von Kühnens Studie doch einen wichtigen Beitrag zum Verständnis grundlegender Prozesse der Körpergewichtsregulation.
Dr. Peter Kühnen wurde für die Veröffentlichung dieser Ergebnisse im renommierten New England Journal of Medicine mit dem Dr. Holger Müller Preis 2016 ausgezeichnet. „Ich freue mich, dass durch diesen Preis seltene Erkrankungen in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt werden“, kommentiert der Preisträger seine Auszeichnung. „Ich hoffe, dass durch Anerkennungen wie diese immer mehr Kolleginnen und Kollegen motiviert werden, ihre Forschung der Erkennung von pathophysiologischen Zusammenhängen und Behandlungsmöglichkeiten seltener Erkrankungen zu widmen“.
Bereits zum sechsten Mal wurde der Dr. Holger Müller Preis für eine herausragende Publikation auf dem Gebiet der seltenen Erkrankungen verliehen. In Kooperation mit der Dr. Holger Müller Stiftung lobt die Care-for-Rare Foundation seit 2011 jährlich den mit 5.000 Euro dotierten Wissenschaftspreis aus, der einzelne Wissenschaftler oder eine Gruppe, die im jeweiligen Vorjahr einen herausragenden wissenschaftlichen Beitrag zu seltenen Erkrankungen veröffentlicht haben, auszeichnet. So sollen junge Wissenschaftler ermutigt werden, sich verstärkt der dringend notwendigen Erforschung seltener Krankheiten zu widmen.